Umsatzsteuerhinterziehung und Strafklageverbrauch. Die Auswirkungen des Urteils des Bundesgerichtshofes vom 13. September 2018 – 1 StR 642/17.
Dem Angeklagten wurden mehrere Vergehen vorgeworfen, was zu einer komplexen Ausgangslage führte. Im Falle des Vorwurfs der Steuerhinterziehung ist es wichtig, die einzelnen Zeiträume zu berücksichtigen. Umsatzsteuer ist von den meisten Unternehmen monatlich anzumelden, entsprechend viele Vorsteueranmeldungen entstehen innerhalb eines Kalenderjahres. Grundsätzlich müssen die Unternehmen auch dann Vorsteueranmeldungen einreichen, wenn keine Umsatzsteuer angefallen ist. Das BGH ist im vorliegenden Fall den Ausführungen des Strafverteidigers gefolgt und hat anerkannt, dass in einem der Voranmeldungszeiträume kein Steuerschaden entstanden ist. Somit konnte der Strafverteidiger einen der Anklagepunkte abwehren.
Wie funktioniert ein Umsatzsteuerkarussell?
An dem betrachteten Fall lässt sich die Problematik des Umsatzsteuerkarussells aufzeigen: Sind Unternehmen zum Abzug von Vorsteuer berechtigt, dann reduziert sich ihre zu zahlende Umsatzsteuer um die Höhe der Vorsteuern, soweit ein wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Steuerhinterziehung liegt unter anderem vor, wenn unberechtigter Weise Vorsteuern geltend gemacht werden. Verwenden die Unternehmen gefälschte Rechnungen durch in das Karussell eingebundene Unternehmen (oft auch Schein- oder Servicefirmen), um die dort aufgeführte Umsatzsteuer als Vorsteuer abzuziehen, dann wird dem Unternehmen Steuerhinterziehung vorgeworfen. Ebenso ist es gesetzlich verboten, Rechnungen einem Unternehmen zuzurechnen, wenn der wirtschaftliche Zusammenhang nicht besteht.
Der Strafverteidiger prüft nun zur Vertretung seines Mandanten, ob die Vorsteuern im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Tätigkeit stehen. Handelt es sich um ein Umsatzsteuerkarussell, dann wird der Rechnungsaussteller seinen ausgewiesenen Umsatz nicht ordnungsgemäß angemeldet haben und die Umsatzsteuer nicht abgeführt haben. Steuerlicher Schaden entsteht, da sich die Umsatzsteuer des ersten Unternehmens ungerechtfertigt verringert.
Ein zweiter Aspekt des Urteils des BGH betrifft den Strafklageverbrauch. Artikel 103 GG legt fest, dass niemand wegen einer Tat mehrfach abgeurteilt werden darf. Sobald ein Urteil gültig ist, darf das Gericht den Angeklagten wegen dieser Tat kein zweites Mal verurteilen. Im betrachteten Fall konnte der Verteidiger die Überscheidungen im Sachverhalt dafür nutzen, dass das Verfahren wegen Vorliegens eines Verfahrenshindernisses bezogen auf diese Tat eingestellt wurde.
Da es sich bei dem Vorwurf der Steuerhinterziehung und speziell der Bildung eines sogenannten Umsatzsteuerkarussells um eine komplexe Situation handelt, sollte ein Strafverteidiger die Vertretung beauftragt werden und sich möglichst frühzeitig mit dem Fall befassen.
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